Materialverbrauch abgrenzen als Problemlösung

In den vorigen Posts wurde erläutert, dass die Buchung von Materialien zunächst in den Bestand und erst später, beim tatsächlichen Verbrauch, in den Aufwand erfolgen sollte. Die monatlichen Ergebnisse der BWA stimmen sonst nicht, wenn Einkäufe fälschlich als Wertverzehr gebucht wurden, obwohl die Materialien noch auf Lager liegen. Die Zuordnung des Materialverbrauchs in die jeweils richtige Rechnungsperiode, in den Monat des tatsächlichen Verbrauchs, bezeichnet man als „Materialverbrauch abgrenzen“.

Materialverbrauch abzugrenzen ist bei jedem Monatsergebnis eine Herausforderung, vor allem aber am Jahresende, wenn bei der Bilanzerstellung der Lagerbestand auf Grund der gesetzlichen Vorgaben korrekt ausgewiesen werden muss. Dann dürfen nicht noch Materialien auf Lager liegen, die nach Aussage der Buchhaltung gar nicht mehr dort liegen dürften, weil sie angeblich schon beim Einkauf verbraucht wurden.

Spätestens dann muss dieser Fehler korrigiert werden.

Die Inventur der Lagerbestände

Zu diesem Zweck macht man eine Lagerinventur. Inventur bedeutet, das die Lagerbestände gezählt, gewogen, gemessen und dann bewertet werden, damit man weiß, was tatsächlich noch auf Lager liegt. Ist der Lagerbestand höher als die Buchhaltung behauptet, wird der Mehrbestand als Wertzuwachs (als Ertrag) in der Buchhaltung  gewinnwirksam nach oben korrigiert. Damit ist der Fehler ausgemerzt, der durch die vorschnelle Buchung der Materialeinkäufe in den Verbrauch gemacht wurde.

Ist der Lagerbestand hingegen niedriger als in der Buchhaltung ausgewiesen, dann wird in der Buchhaltung ein Mehrverbrauch als Aufwand, als Wertverzehr, gebucht. Dies kann passieren, wenn die Lagereinkäufe tatsächlich immer gleich verbraucht wurden und zusätzlich ein bis dato vorhandener Lagerbestand einen Schwund durch Diebstahl, Verderb, Verdunstung oder andere entsprechende Vorfälle erleiden musste.

Die unterjährige Lösung

Da die Bilanz in der Regel nur einmal am Geschäftsjahresende erstellt wird, erfolgt auch die Inventur nur dann. Somit ist das Problem zwar gelöst, aber eben erst am Jahresende. Die monatlichen Ergebnisse Januar bis November bleiben weiterhin falsch. Es gibt deshalb mehrere Lösungen, um auch unterjährig wenigstens hinreichend richtige Materialverbräuche ausweisen.

Materialverbrauch abgrenzen bedeutet also, durch verschiedene Maßnahmen für die richtige zeitliche Zuordnung des Werteverzehrs zu sorgen.

Die monatliche Inventur

Sie ist nicht anderes als die Inventur am Jahresende, nur wird sie eben monatlich durchgeführt. Der Nachteil ist, dass Inventur ein arbeitsintensiver Vorgang ist, den man nicht unbedingt jeden Monat machen möchte. Allerdings kann man sich unterjährig auf die Materialien beschränken, die von der Größenordnung her relevant sind.

Außerdem sieht man dann nur, wie viel Material insgesamt tatsächlich verbraucht wurde, aber nicht, welcher Anteil des Materials für welchen Auftrag benötigt wurde. Dies ist wichtig, wenn man z.B. über eine  Kostenrechnung projektbezogene oder produktbezogene Ergebnisse ermitteln möchte.

Materialentnahmescheine

Diese ideale Lösung erfordert für jede Materialentnahme vom Lager einen Materialentnahmeschein. Dieser Beleg wird bei jeder Materialentnahme ausgefüllt und erfasst die Menge, das Datum und die Materialart. Außerdem, wenn Kostenrechnung betrieben wird, erfasst man auch die Kostenstelle oder den Kostenträger für eine verursachungsgerechte Zuordnung des Materialverbrauchs.

Dieser Beleg wird dann in die Buchhaltung gegeben und diese bucht die verbrauchte Menge mit den hinterlegten Werten als Aufwand.

Schätzungen

Ja, Sie lesen richtig: Man kann den monatlichen Materialverbrauch auch schätzen. Das ist oft ausreichend genau, denn es kommt nicht auf eine exakte Erfassung an, die ist erst am Jahresende zwingend. Eine hinreichend genaue Ermittlung der Verbräuche, damit keine falschen Entscheidungen aus falschen Zahlen abgeleitet werden, reicht aus.

Wer jetzt die Nase rümpft, der mache sich bewusst, dass dies immer noch weit besser ist als die gängige Praxis in der Mehrheit der Betrieb, die alle Einkäufe in den Verbrauch buchen und überhaupt keine unterjährigen Korrekturen vornehmen. Wenn das Problem soweit reduziert wird, das im Prinzip richtige Ergebnisse dabei herauskommen, kann das ein guter Kompromiss sein zwischen dem Wunsch nach korrekten Zahlen und einer Minimierung des organsiatorischen Aufwands.